Die Red-Bull-Dauerwerbesendung


Die Red-Bull-Dauerwerbesendung mit Felix Baumgartner


Selbst ein internationaler Großkonzern könnte diese Werbekosten wohl nicht bezahlen: Millionen Menschen schauen sich stundenlange Übertragung im Fernsehen und per Internet-Live-Stream an, die Zeitungen sind voll, Foren in sozialen Netzwerken verzeichnen Rekordquoten. Was passiert ist? Nichts. Extremsportler Felix Baumgartner musste seinen Stratosphären-Sprung am Dienstag mal wieder verschieben. Doch für Sponsor Red Bull ist "Stratos" bereits ein Erfolgsprojekt - ob Baumgartner jemals springen wird oder nicht.

Der Werbewert des Spektakels samt Medienhype übersteigt aus Expertensicht die geschätzten Kosten von 50 Millionen Euro schon jetzt um ein zigfaches. Egal ob auf Kapsel, Raumanzug oder Truck - immer wenn es um Baumgartner geht, ist das Logo des Energydrink-Herstellers aus Fuschl am See bei Salzburg mit im Bild. Von Kappe über Shirt bis zum Rucksack sind bereits zahlreiche Merchandising-Artikel im Handel.

Der Werbewert des in alle Welt übertragenen Wiener Neujahrskonzertes betrage rund 450 Millionen Euro, rechnet das österreichische Boulevardblatt "Kronen Zeitung" am Donnerstag vor: "Und das sehen 'nur' Personen in 150 Millionen Haushalten." Bei Baumgartner werden die eingeschalteten Fernsehgeräte und angeklickten Video-Übertragungen im Internet auf Milliarden geschätzt.
"Eine fliegende Red-Bull-Dose"

"Da läuft eine gewaltige PR-Maschinerie ab", sagt der Medienpsychologe Peter Vitouch der österreichischen Zeitung "Kurier". Es sei ein Ereignis konstruiert worden, dass sich extrem gut abbilden lasse - "und die ganze Welt soll zuschauen". Die Organisatoren berufen sich auf den wissenschaftlichen Nutzen des Projektes, doch der ist unter Experten umstritten. Anders als bei Neil Armstrong, dem ersten Mann auf dem Mond, sei es bei Baumgartner eher ein großer Schritt für einen Menschen und ein kleiner für die Menschheit, schreibt die Zeitung.

"Der ist eine fliegende Red-Bull-Dose", sagt auch der Werbeexperte Christoph Bösenkopf. "Der finanzielle Aufwand hat sich für Red Bull schon hundert Mal gerechnet." Allein im rund 8,5 Millionen Einwohner großen Österreich schalteten am Dienstag mehr als eine Million Menschen wegen Baumgartner ihren Fernseher ein: Der Red-Bull-eigene Privatsender ServusTV übertrug stundenlang live, ebenso der öffentlich-rechtliche ORF. In Deutschland berichtete n-tv.

Es sei ein verrückter Hype, kritisiert die Qualitätszeitung "Die Presse": "Dass der ORF ein Ereignis, das nicht stattfand, sieben Stunden lang live übertrug, zählt zu den absurdesten Aktionen der an Absurdität reichen Medienwelt." Wegen guter Quoten wolle man auch beim nächsten Versuch live dabei sein, kündigte der Sender bereits an.
Marketinggenie Mateschitz

Die Strategie von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz ist damit - mal wieder - aufgegangen: Denn der 68-jährige Österreicher überlässt, wenn es um Marketing geht, nichts dem Zufall. Selbst extrem medienscheu ist er ein Meister der Inszenierung der von ihm gesponserten Events.

Neben perfekter PR-Strategie setzt er dabei vor allem auf gutes Personal: Als Formel-1-Neueinsteiger wird sein Rennstall nach nur sechs Jahren 2010 mit Sebastian Vettel erstmals Weltmeister. Im Fußball dominiert der FC Red Bull Salzburg seit Jahren die österreichische Bundesliga, auch in Leipzig zieren die fliegenden Bullen . Sein neuster Coup ist die Übernahme des Münchner Eishockeyvereins als EHC Red Bull - fast zeitgleich sicherte sich das auch in Deutschland empfangbare ServusTV die Übertragungsrechte der Deutschen Eishockey Liga.

Selbst wenn Baumgartner bei seinem Sprung ums Leben komme, hielten sich die Risiken für den Weltkonzern in Grenzen, schreibt "Die Presse". Vor Jahren starben bereits eine vom Unternehmen gesponserte Fallschirmspringerin und ein Basejumper: "Red Bull veröffentlichte eine Kondolenz - und machte weiter."

Quelle: http://www.stern.de; Miriam Bandar, DPA

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